Beschluss Bundestagswahl - Wir nehmen die Herausforderung an

Beschlossen auf der Landesdelegiertenkonferenz am 02.07.2005 in Dresden

Die anstehende Bundestagswahl nehmen wir als Herausforderung. Sie ist ein Anlass für uns, Bilanz
über die Bundespolitik der letzten Jahre zu ziehen, sie am Grundsatzprogramm zu messen und die
nächsten Schritte unserer Politik zu bestimmen.
Auf die Erfolge der siebenjährigen grünen Regierungsarbeit im Bund sind wir Bündnisgrünen stolz.
Wir waren als kleinerer Koalitionspartner der Innovationsmotor. Ohne uns wäre die Entwicklung der
regenerativen Energien ebenso wenig vorangekommen wie Ökolandbau und engagierter
Verbraucherschutz. Umweltschutz und wirtschaftliche Entwicklung – besonders im Mittelstand –
stehen nicht im Widerspruch zueinander, sondern befördern sich gegenseitig.
Durch die Ökosteuer haben wir durch Stabilisierung der Rentenbeiträge den Anstieg der
Lohnnebenkosten begrenzt. Mit dem Solidarpakt II wurde die Finanzierung der neuen Länder bis
2019 gesichert, vom Ganztagsschulprogramm der Bundesregierung profitiert allein Sachsen mit 200
Mio. und das Civitas-Programm der Bundesregierung ist eine wesentliche Grundlage zum
Engagement gegen den Rechtsextremismus gerade hier in Sachsen. Lesben und Schwule haben von
der Gleichstellungspolitik der Bundesregierung ebenso profitiert wie Migranten und ihre in
Deutschland aufgewachsenen Kinder von der Einbürgerungspolitik.
Die hohe Arbeitslosigkeit in unserem Land und die weiter anstehenden Probleme machen uns aber
auch deutlich, was noch geleistet werden muss. Wir Bündnisgrünen wollen eine Politik praktizieren,
die ökologisch ausgerichtet, sozial gerechter, wirtschaftspolitisch motivierend und haushaltspolitisch
solide ist.
Voraussetzung dafür ist, dass wir mit klarer grüner Programmatik in den Wahlkampf gehen. Unsere
Ziele aus dem Grundsatzprogramm 2002 sind nicht überholt. Im Wahlprogramm 2005 – 2009
werden wir die Bilanz aus der Regierungsarbeit ziehen und die nächsten, notwendigen Schritte
beschreiben.
Stillstand unter CDU-geführten Regierungen kennen wir in Sachsen zu gut
14 Jahre CDU-Alleinregierung haben Sachsen Stillstand gebracht. Und nach einem dreiviertel Jahr
unter einer CDU/SPD-Koalition wissen wir, welche Gestaltungsarmut und wie wenig Veränderung
aus Schwarz - Rot erwächst.
Ministerpräsident Milbradt taumelt von Peinlichkeit zu Peinlichkeit: im Bundesrat verschärft er mit den
CDU-Ministerpräsidenten Hartz IV, dann biedert er sich vor den Landtagswahlen opportunistisch bei
Hartz IV-Demonstranten dagegen an. Aus der CDU-Fraktion im Landtag wird zum Entsetzen der
bundesweiten Öffentlichkeit für NPD-Kandidaten gestimmt. Bei der von ihm aufgebauten Sachsen LB
öffnet sich ein Abgrund von Schlampereien und über 20 Millionen verschwanden bei der WerkstoffUnion Lippendorf.
Nachdem August 2002 die große Flut Sachsen heimgesucht hatte, war gesellschaftliche Akzeptanz für
Klimaschutz entstanden. Wir wollten, dass Sachsen nun zum Vorreiter beim Klimaschutz wird. Die
Staatsregierung unternimmt jedoch kaum Anstrengungen, um an der wirtschaftlichen Entwicklung bei
den Erneuerbaren Energien teilzuhaben und setzt einseitig auf Braunkohle. Vor wenigen Tagen schlug
ein CDU-Abgeordneter im Landtag sogar den Bau eines Atomkraftwerkes in Ostsachsen vor!
Das von der rot-grünen Bundesregierung vorangetriebene, nationale Klimaschutzprogramm führte
hingegen bundesweit zu mehr als 150.000 neuen Arbeitsplätzen. Insgesamt arbeiten in Deutschland
1,4 Millionen Menschen im Umweltbereich - mehr als im Maschinenbau!
Der sächsische Doppelhaushalt 2005/06 zeigt, dass das Straßenbauprogramm mit aller Kraft
fortgeführt wird - obwohl schon jetzt Geld zum Unterhalt der bestehenden Straßen fehlt. Trotz
drastischen Bevölkerungsrückgangs hält die Flächenversiegelung weiter an. Mögliche Folgen wie die
Hochwassergefahr werden ausgeblendet. Nicht nur beim Umweltschutz ist offenbar: Die Politik der
CDU ist Politik von gestern. Besonders deutlich wird das in der rückwärts gewandten und im Freistaat
selbst umstrittenen Bildungspolitik der CDU.
Nachhaltige Entwicklung heißt: Ökologisch wirtschaften und Sozialstaat sichern
Unser Verständnis von Gerechtigkeit wird dadurch bestimmt, dass wir nur Ressourcen verteilen
wollen, die auch in Zukunft da sind. Wir vertrauen nicht auf Wachstum, sondern wissen:
wirtschaftliches Wachstum muss vom Ressourcenverbrauch und der Belastung der Umwelt entkoppelt
werden.
Unter Nachhaltigkeit verstehen wir eine sozial und ökologisch orientierte Politik im weltweiten
Maßstab. Wirtschafts- und Finanzpolitik müssen dabei integraler Bestandteil dieser Politik sein. Das
steht nicht im Widerspruch zu unseren ökologischen Zielen. Dazu gehört eine langfristig orientierte
Bildungspolitik, die auf Frühförderung und lebenslanges Lernen setzt und allen Teilen der Bevölkerung
Chancengleichheit garantiert.
Merkel, Stoiber und Westerwelle wollen den Sozialstaat nicht ausbauen, sondern in seinen Leistungen
reduzieren. An ihren Vorstellungen zur Sozialversicherung ist das besonders deutlich geworden: Sie
nehmen einkommensstärkere Bevölkerungsgruppen weiterhin von der Einzahlungspflicht in die
öffentlichen Versicherungssysteme aus, wollen dafür aber Leistungen der Pflichtversicherung
abbauen. Eine CDU-geführte Regierung wird sich nicht mit der Lobby von Ärzteverbänden und
Pharmaindustrie anlegen, um innere Kostensparpotentiale des Gesundheitssystems zu erschließen.
Unsere Aufgabe ist es, Konzepte für die Fortgestaltung und Erhaltung des Sozialstaates zu erarbeiten.
Die Reform von Sozial- und Arbeitslosengeld hat bestimmte Gruppen besser gestellt (z. B.
Alleinerziehende, Kinder), für bestimmte Gruppen aber auch Verschlechterungen nach sich gezogen
(z. B. Langzeitarbeitslose, von der Anrechnung des Partnereinkommens Betroffene).
Unsere Kritik an einigen Hartz IV-Regelungen, bei denen wir uns gegenüber CDU/FDP im
Vermittlungsausschuss und der SPD nicht durchsetzen konnten, bleibt bestehen: wir setzen uns für
eine stärkere Entkoppelung des Hilfebezugs vom Partnereinkommen, die inbesondere Frauen besser
stellen würde, , die Erhöhung der Freibeträge beim Zuverdienst und deutlich höhere,
anrechnungsfreie Beträge für Altersvorsorge ein. Wir fordern die Anpassung der ALG II - Sätze im
Osten auf das Niveau der alten Bundesländer.
In der kommenden Legislaturperiode wollen wir ein schlüssiges Konzept für eine armutsfeste
Grundsicherung mitsamt den dazu gehörenden Finanzierungsmodellen vorlegen. Diese erfordern eine
gerechtere Besteuerung höherer Vermögen und Einkommen.
Die Weiterentwicklung der sozialen Sicherungssysteme steht wegen der demographischen
Entwicklung auf der Tagesordnung und muss gerecht gestaltet werden. Wir stehen für die Einführung
einer solidarischen Bürgerversicherung, bei der alle Menschen abgesichert sind und einen Beitrag nach
ihrer persönlichen Leistungsfähigkeit beisteuern. Dringend notwendig sind weitere konkrete
Maßnahmen zur Kosteneffizienz im Gesundheitswesen ohne Reduktion des fachlich gebotenen
Standards – z. B. durch Stärkung von Prävention und Selbsthilfe.
Mehr Gerechtigkeit bei den Steuern ist notwendig, um die Situation der öffentlichen Haushalte zu
verbessern. Hier müssen die Starken mehr schultern. Mit den Steuererträgen von Spitzenverdienern
wollen wir die Lohnnebenkosten geringerer Einkommen senken.
Der Förderung von Frauen und der Situation von Familien und Kindern gilt unser besonderes
Augenmerk. Ohne eine Überwindung des derzeit noch stark konservativ geprägten Rollenbildes von
Müttern und Vätern durch Ausweitung der Kinderbetreuung und Möglichkeiten für einen
vereinfachten Wiedereinstieg von Eltern ins Berufsleben wird die alarmierend niedrige Geburtenrate in
Deutschland nicht steigen.
In der Arbeitsmarktpolitik müssen wir den Umbrüchen in der Arbeitsgesellschaft Rechnung tragen
durch Umverteilung von Arbeit, Überstundenabbau und Neubestimmung des Verhältnisses von
Erwerbsarbeit zu anderen Formen öffentlich nutzender Arbeit. Hierzu gehören der weitere Ausbau
von Arbeitszeitformen wie job-sharing und job-rotation sowie eine Aufwertung ehrenamtlicher Arbeit
und zivilgesellschaftlichen Engagements.
Entwicklung des Ostens ist Schwerpunkt: Mittelstand und Technologie fördern
Weiterer Schwerpunkt unseres Engagements ist die besonders kritische Lage Ostdeutschlands.
Erwartungsgemäß hat die wachstumsorientierte Infrastrukturpolitik in den letzten Jahren – besonders
beim Straßenneubau –diese Situation nicht verbessert, sondern enttäuschte Hoffnungen
zurückgelassen.
Anstelle mit teurem Beton weiter Landschaft zu versiegeln, wollen wir den ostdeutschen Mittelstand,
Technologie und Forschung fördern und weiche Standortfaktoren wie die im gesamtdeutschen
Maßstab vorbildliche Kinderbetreuung fortentwickeln.
Der Osten braucht unverändert eine auf Aufwertung der Innenstädte gerichtete Stadtumbau- und
Sanierungsförderung. Weitere Experimente mit Sonder- und Beschleunigungsgesetzen sowie
Demokratieabbau werden den Osten nicht voranbringen. Von der dringend notwendigen Reform der
Bildungs- und Wissensgesellschaft von einer selektiv und auf Spezialwissen ausgerichteten Ausbildung
hin zu einer modernen Gesamtschule und einer praxisnahen Berufsausbildung sowie hochwertigen
Hochschulausbildung hängen die Entwicklungschancen des Ostens in besonderer Weise ab. Der Aufund Ausbau von Wissens-, Bildungs- und Forschungsregionen kann qualitativ hochwertige
Arbeitsplätze schaffen und damit jungen qualifizierten Menschen eine berufliche Perspektive bieten.
Starke Bündnisgrüne für eine zukunftsorientierte und demokratische Politik
Was wäre von einer CDU-geführten Bundesregierung zu erwarten? Sachsen zeigt: Zukunftsfähigkeit
nicht. Weniger Umwelt- und Klimaschutz, Wieder-Einstieg in die Atomkraftnutzung, Absenken der
Standards in der Sozial- und Arbeitsmarktpolitik, Konzeptionslosigkeit in der Bildung und Wachstum
im Bereich der ungeschützten Beschäftigung.
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN stehen für die bessere Politik. Sie ist ökologisch, sozial und
generationengerecht. Wir brauchen eine lebendige Demokratie in Europa und in Deutschland. Dafür
treten wir im Bundestagswahlkampf ein. Unser Ziel ist es, in Regierungsverantwortung diese Politik zu
gestalten. Dafür kämpfen wir. Allerdings haben wir in der Vergangenheit bewiesen, dass wir auch in
der Lage sind, gute und kraftvolle Oppositionsarbeit zu machen.
Wir werden in den nächsten Wochen für unser ökologisches, innovatives und soziales Programm
kämpfen. Aus sächsischer Perspektive sind die Alternativen klar: Politik von gestern mit der CDU oder
eine Politik für morgen mit uns. Wir werden einen motivierten Wahlkampf führen. Ziel für die
sächsischen Bündnisgrünen ist, weiterhin mit zwei sächsischen Abgeordneten im Bundestag vertreten
zu sein.

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