Sachsen entwickelt sich zum Gentechnik-Versuchsfeld. Auf 23 Standorten wurden Freisetzungsversuche mit gentechnisch veränderten Organismen (GVO) genehmigt, allein auf 17 Feldern wird
in diesem Jahr gentechnisch veränderter Mais angebaut. Die Ausbreitung der Gentechnik in Sachsen wird von der Staatsregierung unterstützt. Sie hat sich ausdrücklich zur Gentechnik bekannt:
„Die Staatsregierung ist der Auffassung, dass es sich bei der Gentechnik um eine innovative Technologie handelt, die auch in der Pflanzenzucht, Landwirtschaft und Lebensmittelherstellung neue
Perspektiven eröffnet.“1
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in Sachsen lehnen die grüne Gentechnik als eine unsichere, nicht beherrschbare Technologie ab. Der Einsatz von Gentechnik bei der Lebensmittelproduktion widerspricht unserem Ziel einer zukunftsfähigen, umweltgerechten und sozial nachhaltigen Landwirtschaft in Sachsen. Die Bürgerinnen und Bürger wollen nicht mehr mit ihren Steuergeldern Überproduktion und deren Beseitigung in der Landwirtschaft finanzieren, sondern eine Landwirtschaft,
die schonend mit den natürlichen Ressourcen umgeht sowie Umwelt, Natur und Artenvielfalt
schützt. Weder die Umwelt noch Verbraucher haben Vorteile von herbizid- oder insektenresistenten Gentechnik-Pflanzen. Wir können auf industrielle Agro-Gentechnik gut verzichten.
Solang der Wind weht und die Bienen fliegen…
Insbesondere widersprechen wir der Auffassung der Staatsregierung, „dass ein Nebeneinander
der verschiedenen landwirtschaftlichen Anbauformen möglich … auch sinnvoll ist.“2
Auf unseren Feldern sind Auskreuzungen des gentechnisch veränderten Saatgutes durch Windverfrachtungen oder über Bienen und Insekten nie gänzlich zu verhindern. Zudem sind trotz bei
der Herstellung und Verarbeitung Verunreinigungen mit gentechnisch veränderten Bestandteilen
niemals vollkommen auszuschließen.
Selbst bei einer großflächigen Landwirtschaft wie der in Kanada hat die jahrelange Praxis des Anbaus von gentechnisch manipulierten Pflanzen dazu geführt, dass heute kaum noch die Möglichkeit besteht, gentechnisch freie Lebensmittel zu erzeugen. Eine Fortführung der Anbaupraxis in
Sachsen würde bedeuten, dass die Verbraucher in unserer eher kleinräumigen Agrarstruktur bald
ihre Wahlfreiheit verlieren. Die von der Staatsregierung behauptete „friedliche Koexistenz“ zwischen Gentechnik, konventioneller Landwirtschaft und ökologischem Landbau ist eine Illusion!
Die große Mehrheit der sächsischen Verbraucher und Verbraucherinnen will keine gentechnisch
veränderten Lebensmittel auf dem Tisch. Und auch 70% der deutschen Landwirte lehnen den
Einsatz von genmanipuliertem Saatgut ab. Wer die Freiheit der Verbraucher, kein Gen-Food zu
kaufen, und die der Bauern, keine GVO einzusetzen, erhalten will, muss die Freisetzungsversuche
in Sachsen ablehnen.
Keine Sondergesetze für die Gentechnik
CDU und SPD haben im Bund in ihrem Koalitionsvertrag festgelegt, einen Ausgleichfonds für die
Gentechnik zu schaffen. Ansprüche von geschädigten Landwirten, die durch die Gentechnik entstehen, sollen aus diesem Ausgleichfonds beglichen werden. Eine vergleichbare Sonderregelung
zur Befreiung aus der betrieblichen Haftung hat bisher nur die Atomwirtschaft erhalten. BÜNDNIS
90/DIE GRÜNEN in Sachsen lehnen Haftungsbefreiungen für Risikotechnologien ab. Wo sich kein
privates Versicherungsunternehmen für die Betriebshaftpflicht findet, darf die Allgemeinheit nicht
in Anspruch genommen werden.
Unsere Forderungen
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in Sachsen schließen sich deshalb den Punkten des Aktionsbündnisses
für eine gentechnikfreie Landwirtschaft in Sachsen an und fordern von der Landesregierung des
Freistaates Sachsen sowie von der Bundesregierung
1. gentechnikfreie Landwirtschaft auch in Zukunft zu ermöglichen;
2. die Erzeugung von gentechnikfreien Lebensmitteln zu sichern;
3. Verbraucheraufklärung über jederzeit zu erwartende Risiken der Agro-Gentechnik und ihrer Produkte unabhängig von kommerziellen Interessen der Saatgutindustrie und der Lebensmittelindustrie zu betreiben
4. eine sofortige, industrieunabhängige Kontrolle der Kennzeichnung von Lebensmitteln einzurichten und mit Finanzmitteln auszustatten
5. sich massiv bei der EU-Kommission dafür einzusetzen, dass für Saatgut keine gentechnischen Verunreinigungen zugelassen werden,
6. sich auf europäischer Ebene für die Verlängerung des Gentechnik-Moratoriums zu positionieren.
7. sich für die Revision der EU-Biopatentrichtlinie und des TRIPs-Abkommens in der WTO mit
dem Ziel einzusetzen, keine Patente auf Leben und bisher frei nutzbaren genetischen Ressourcen zuzulassen.
8. dem Druck der USA in der WTO standzuhalten, da die Regulierung der Gentechnik nicht
Handelsinteressen untergeordnet werden darf.
Die Landesversammlung von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in Sachsen unterstützt die Landtagsfraktion in dem eingeschlagenen Weg, sich gemeinsam mit gesellschaftlichen Partnern, Anbauverbänden, Initiativen und Verbraucherinnen und Verbrauchern für eine gentechnikfreies Sachsen einzusetzen.
1 Landtagsdrucksache 4/2391.
2 Ebda.
Beschluss als PDF