Demokratie ist ein Prozess des ständigen Wandels, sie lebt von der Beteiligung der gesamten Gesellschaft. Damit Demokratie funktionieren kann, muss sie beständig neu gelernt, gelehrt, vorgelebt und auch im Kleinen ermöglicht werden. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Sachsen wollen eine aktive BürgerInnengesellschaft an der jede und jeder teilnehmen kann.
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN treten dafür ein, die Partizipationsmöglichkeiten für alle Menschen gleichberechtigt und vereinfacht zu gewährleisten – und das nicht nur auf der politischen Ebene, sondern auch am Arbeitsplatz, der Schule, der Kindertagesstätte oder der Universität.
Demokratie ist gerade angesichts des demografischen Wandels ein Standortfaktor für die Entwicklung Sachsens - wo alle Menschen breit an politischen Prozessen beteiligt werden und besonders um junge Menschen geworben wird, entsteht eine starke Bindung an die Herkunftsregion. Rechtsextremes, rassistisches Gedankengut fällt auf weniger fruchtbaren Boden.
FÜR VERANTWORTUNG UND BÜRGERSCHAFTLICHES ENGAGEMENT!
Dabei stehen nicht nur Volksvertretungen und Verwaltungen in der Pflicht. Bürgerinnen und Bürger sind vor allem selbst gefordert, Verantwortung zu übernehmen und die bereits jetzt zur Verfügung stehenden Mittel zu nutzen! Durch die Beteiligung an politischen Prozessen und der Einsatz für das Gemeinwohl sammeln Bürgerinnen und Bürger neue Erfahrungen und das Verständnis politischer Prozesse wird erhöht. Der individuelle Gewinn wird dadurch zum Gewinn für ganz Sachsen. Ein attraktiver Freistaat und ein lebendiges Gemeinwesen gehören für uns zusammen. Die Aufgabe von Kommunen und Land ist es dabei, Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern so einfach wie möglich zu gestalten. Engagement darf nicht durch Bürokratie beschränkt werden!
BÜRGERINNEN UND BÜRGER ENDLICH WIRKLICH BETEILIGEN!
Für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bleiben BürgerInnenentscheide bzw. Volksanträge entscheidende Mittel zur Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern. Noch immer sind die Quoren für deren Einleitung und Erfolg viel zu hoch.
· BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN fordern weiterhin die Absenkung des Quorums zur Einleitung eines BürgerInnenentscheids von 15 auf 5 Prozent der Wählerinnen und Wähler.
· Das Quorum für den Erfolg muss von 25 auf 10 Prozent gesenkt werden!
· Abwahlbegehren und -entscheide müssen zu den gleichen Bedingungen statt finden wie BürgerInnenbegehren- und entscheide.
Gemeinden müssen verpflichtet werden BürgerInnenbegehren und -entscheide unter Beachtung der gebotenen politischen Neutralität nach allen Kräften zu unterstützen.
· BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN treten für eine Verlängerung der Frist für BürgerInnenbegehren gegen Rats- und Kreistagsbeschlüsse von 2 auf 3 Monate nach öffentlicher Bekanntgabe ein.
· Unterschriftenlisten müssen in öffentlich zugänglichen Bereichen von Verwaltungsgebäuden ausliegen dürfen.
· Gemeinden müssen ein Abstimmungsheft herausgeben, welches den Ablauf des Entscheides erläutert und den beteiligten Seiten Gelegenheit gibt ihre Argumente vorzutragen. Dieses Heft muss an alle Haushalte der Gemeinde verteilt werden.
· Beide Parteien erhalten das Recht auf kostenfreie Plakatierung, wie es auch für Wahlkämpfe vorgesehen ist.
Neben BürgerInnenbegehren muss zur Förderung der Demokratie vor Ort die Einreichung von EinwohnerInnenanträgen radikal vereinfacht werden.
· BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN fordern die generelle Absenkung des Quorums für EinwohnerInnenanträge auf 3 Prozent.
· Bei Entscheidungen, die nur bestimmte Teile der Gemeinde betreffen bzw. eine klar definierbare Bevölkerungsgruppe, gilt das 3-Prozent-Quorum nur für die betroffenen Bürgerinnen und Bürger, so werden auch Minderheiteninteressen ausreichend wahr genommen.
· Bei Entscheidungen, welche Jugendliche betreffen, haben diese ab einem Alter von 16 Jahren das Recht auf Einreichung eines EinwohnerInnenantrages.
· Über EinwohnerInnenanträge ist auf der nächsten Ratssitzung zu beraten und nicht wie bisher innerhalb der nächsten drei Monate.
Das Wahlrecht bei Kommunal- und Landtagswahlen muss auf 16 Jahre gesenkt werden. Zumindest auf kommunaler Ebene fordern wir eine Gleichstellung von Bürgerinnen und Bürgern aus so genannten Drittstaaten und jenen aus der Europäischen Union.
VERWALTUNG TRANSPARENT MACHEN! KOMMUNALE BÜRGERINNENVERTRETER STÄRKEN!
Eine bürgerInnenfreundliche Verwaltung muss für die Bürgerinnen und Bürger durchschaubar und nachvollziehbar sein. Die Verwaltungen in Land, Kreisen und Kommunen müssen bürgerInnenorientierter arbeiten und sich als Dienstleister verstehen.
· BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN fordern Serviceangebote der Verwaltung im Internet abrufbar zu machen. Das gilt für Protokolle, Satzungen, Beschlüsse, Entwürfe, Amtsblätter und Haushalte der Kreistage, sowie der Stadt- und Gemeinderäte. Ebenso bleibt es erforderlich, die rechtlichen Grundlagen und Gesetze auf Landes- und Kommunalebene jedermann zugänglich zu machen.
· Im Rahmen der Kreis- und Verwaltungsreform müssen in Grund- und Mittelzentren Bürgerbüros eingerichtet werden. Diese sollen die Außenfunktionen der verschiedenen Ämter zusammenführen. Dies ist insbesondere in den neuen großen Landkreisen im Freistaat Sachsen notwendig. Bürgernähe soll auch durch einen Bürgerbriefkasten demonstriert werden, in dem Anregungen, aber auch Beschwerden gesammelt werden. Ein virtueller Bürgerbriefkasten ist unbedingt auf der Internetpräsenz der Gemeinde einzurichten.
Nach der Kreisreform wird die Bedeutung der Kreistage zumindest auf Grund der Größe der Landkreise zunehmen. Zugleich wird die Arbeit für die ehrenamtlichen Ratsmitglieder aber ungleich schwerer und vielfältiger.
· BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN fordern das Recht für alle Fraktionen, Verhandlungsgegenstände auf die Tagesordnung von Stadtrats- bzw. Kreistagssitzungen zu setzen
· Gemeinde-, Stadt- und Kreisrätinnen und -räten ist in allen Angelegenheiten der Gemeinde auf Antrag ist direkt und unverzüglich per Intranet mit Zugangsberechtigung Akteneinsicht zu gewähren. Ein Viertel der Gemeinderäte kann verlangen, dass der Gemeinderat einen Ausschuss zur Aufklärung und Beseitigung eines bestimmten
Missstandes einsetzt. Der Ausschuss kann Akten der Gemeinde beiziehen und den Bürgermeister, Beigeordnete und Bedienstete der Gemeinde sowie Dritte befragen. Er erarbeitet einen Bericht, der dem Gemeinderat vorgelegt wird.
· Kreistagssitz und Bürgermeisteramt müssen unvereinbar sein.
· In den neuen großen Landkreisen müssen die Mitgliederzahlen der kommunalen Vertretungen erhöht und die Arbeitsmöglichkeiten ihrer Mitglieder verbessert werden.
· Das überhöhte Quorum von 50 Prozent aller Wahlberechtigten zur Abwahl von (Ober-)Bürgermeisterinnen bzw. (Ober-)Bürgermeistern muss verringert werden, außerdem muss eine Abwahlmöglichkeit von Beigeordneten nach den Kommunalwahlen bestehen.
· Ortschaftsräte sollen in ihren Angelegenheiten mehr Antrags-, Anfrage- und Kontrollrechte haben. Der Jugendhilfeausschuss soll ein Recht auf Tagesordnungsanträge für den Rat analog zu den Ortschaftsräten bekommen.
BÜRGERINNEN BETEILIGEN – AUCH IN LAND, BUND UND EUROPA!
Die Grundlagen für eine aktive BürgerInnenbeteiligung werden zwar vor Ort gelegt, doch weitere direktdemokratische Elemente sind auch auf den anderen politischen Ebenen notwendig.
· BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN fordern eine zu kommunalen BürgerInnenbegehren analoge Absenkung der Quoren für Volksanträge und eine gleichsame Unterstützung von diesen durch die Sächsische Staatsregierung!
· Es müssen endlich bundesweit Volksinitiativen, -begehren und -entscheide ermöglicht werden, damit Berlin nicht noch weiter weg rückt von den Bürgerinnen und Bürgern.
· Wir sehen es aber auch als notwendig an, dass die EU in punkto Mitbestimmung und Demokratie endlich die durch den Konvent vorgeschlagenen Ergebnisse in einem
ratifizierten Verfassungsvertrag verwirklicht. Wir erachten hierbei vor allem die Stärkung des Europäischen Parlaments als „Bürgerkammer“ dadurch, dass das Mitentscheidungsverfahren Regelverfahren in der EU-Gesetzgebung wird, und die Einführung einer „europäischen Bürgerinitiative“ im Verfassungsvertragsentwurf als einen richtigen Weg und erwarten von der deutschen EU-Ratspräsidentschaft, dass sie in der
Kompromissfindung für einen neuen Ratifizierungsprozess des Verfassungsvertrags hier nicht hinter die Positionen des Konvententwurfs zurückgeht. Ferner denken wir, dass sich
die Bürgerinnen und Bürger nur mit dem Verfassungsvertrag und der EU identifizieren können, wenn der Ratifizierungsprozess so gestaltet wird, dass europaweit über den neuen Verfassungsvertrag abgestimmt wird. Der Vertrag sollte dann als ratifiziert gelten, wenn eine doppelte Mehrheit zustimmt. Erstens die der EU-Bürgerinnen und Bürger und
zweitens diejenige von zwei Drittel der Mitgliedsstaaten.
DEMOKRATIE LEBEN UND ERLEBBAR MACHEN!
Beteiligung von Kindern, also Mitsprache, Mitwirkung und Mitbestimmung, ist eine entscheidende Voraussetzung für ein kinderfreundliches und auch künftig demokratisches Sachsen. Kinder- und Jugendbeteiligung ist zuerst Sache der Kinder und Jugendlichen selbst. Beteiligung von Kindern heißt für Erwachsene immer auch Abgabe von Macht. Sie müssen lernen, Kinder als Subjekte anzuerkennen und ihnen Entscheidungskompetenzen einzuräumen.
Macht abgeben heißt aber nicht Verantwortung abgeben: Verantwortung für die Rahmenbedingungen und den Erfolg, den Kinder und Jugendliche brauchen. Nur wenn sie lernen, wie sie ihre Interessen wahrnehmen, vertreten und durchsetzen können werden sie Vertrauen zu sich selbst und in die Demokratie entwickeln.
Viel wird über Politikverdrossenheit bei Jugendlichen geklagt. Zunehmendes Desinteresse von Jugendlichen scheint aber durch die Jugendverdrossenheit bei Politikern mit verursacht.
Beteiligung ist das Lebenselixier der Demokratie: Nur wenn die Interessen von Kindern und Jugendlichen ernst genommen und sie aktiv an der Gestaltung ihrer Lebenswelt beteiligt werden, wird wieder Vertrauen entstehen können. Die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen ist auch ein Kriterium der Qualitätssicherung politischer Entscheidungen.
Für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN darf Beteiligung nicht als bloße Akzeptanzbeschaffung dienen, sondern muss frühzeitig einsetzen: Planungsbeteiligung statt Akzeptanzbeteiligung! Das reicht von Schule, über Jugendeinrichtungen bis zu Verkehrsplanung und Wohnumfeldgestaltung. Interessen von Kindern und Jugendlichen müssen mehr Raum in den politischen Entscheidungen und im Verwaltungshandeln erhalten. Beteiligung schafft Identifikation. Für eine zukunftsfähige Entwicklung ist es notwendig, die heranwachsende Generation in die Verantwortung mit einzubeziehen.
Wichtig ist vor allem die altersgerechte Beteiligung von Kindern und Jugendlichen an Gestaltungsprozessen in ihrem direkten Lebensumfeld, dort wo sie unmittelbar und persönlich betroffen sind, wo auch ihr Erfahrungsfeld liegt. Das beginnt bereits in der Kindertageseinrichtung!
· BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN fordern deshalb die sächsischen Kommunen auf, Kinder und Jugendliche aktiv in politische Entscheidungen einzubeziehen. Es sind
Beteiligungsverfahren zu etablieren, die Kinder und Jugendliche umfassend und in angemessener Weise bei Planungen und Vorhaben, die ihre Interessen berühren, beteiligen und ihre Interessen berücksichtigen. Die Beteiligungsverfahren müssen einen ernstzunehmenden Einfluss auf lokale Entscheidungen haben. Insbesondere projektbezogene und offene Beteiligungsformen können diesem Anspruch genügen.
· Für die Realisierung der Beteiligung von Kindern und Jugendlichen und der konsequenten Kinder- und Jugendpolitik als Querschnittsaufgabe stellen Kinderbeauftragte bzw. Kinderbüros eine wichtige Voraussetzung dar. Kinderbüros wie auch Kinderbeauftragte sollen die Auswirkungen von kommunalem Handeln und Planen auf die Lebenswelt von Kindern und Jugendlichen überwachen und Koordinationsstelle für die Artikulation von Kinder- und Jugendinteressen sein. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN fordern deshalb die sächsischen Kommunen auf, Kinderbeauftragte einzusetzen bzw. Kinderbüros zu gründen und mit wirksamen Kompetenzen auszustatten.
· Die Anforderungen des Sächsischen Bildungsplanes bzgl. Beteiligungsformen sind unverzüglich umzusetzen.
· Die gesetzlich verankerte Beteiligung von Kindern, Jugendlichen und Familien bei der Jugendhilfeplanung muss umgesetzt werden.
Bei der Entwicklung und Verteidigung einer demokratischen und politischen Gesellschaft, in der die Bürgerinnen und Bürger von ihren Möglichkeiten zur Partizipation Gebrauch machen, kommt der Schule eine Schlüsselrolle zu. Das BÜNDNISGRÜNE Konzept der Gemeinschaftsschule wird dabei den Anforderungen an eine demokratische BürgerInnengesellschaft am besten gerecht.
· BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN fordern mehr Einfluss für Schülerinnen und Schüler, Eltern aber auch Lehrerinnen und Lehrer auf Personalentscheidungen, Verteilung finanzieller Budgets und bei der Wahl und Abwahl einer Schulleitung an einer Schule.
· Jede Schule muss aktiv Schulclubs, SchülerInnenzeitungen, SchülerInnenvertretungen u.ä. unterstützen und diese müssen auch einen echten Einfluss auf das Schulleben haben.
· Für Schülerinnen und Schüler muss eine Wahl der Schwerpunktfächer gemäß ihren Interessen und Neigungen gewährleistet ist. Auch bezüglich der Vermittlung von Lerninhalten sollten die SchülerInnen bis zu einem gewissen Grade Mitbestimmungsrechte erhalten.
· „Praktizierte Demokratie in Gruppen“ muss Pflichtteil der LehrerInnenausbildung werden. So bestimmte Rechte von Kindern, Schülerinnen, Schülern und Eltern in Schulen, Kitas u.a.m. nicht gesetzlich regelbar sind, rufen wir diese dazu auf, mit allen Beteiligten feste Vereinbarungen zu treffen, wie ein gerechtes demokratisches Gemeinschaftsleben, an dem jede und jeder teil nehmen kann, gewährleistet werden kann.
WAHL DER ABGEORDNETEN – VERTRAUEN SCHAFFEN!
Unsere GRÜNE Landtagsfraktion hat mit Ihrem Vorschlag zur Neuregelung der Abgeordnetenbezüge erste, konkrete Vorstellungen vorgelegt. Dies entspricht unseren Grundsätzen und wird an dieser Stelle begrüßt.
Allerdings gehört es auch zu unseren Grundüberzeugungen, den BürgerInnen bei Wahlen die Möglichkeit zu geben, direkter auf die Abstimmung einzuwirken. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in
Sachsen setzen sich dafür ein, Kumulieren und Panaschieren bei der Landtagswahl zu ermöglichen. Die BürgerInnen müssen das Recht bekommen, die Reihenfolge der Listenplätze selbst festzulegen. Wir als Partei entscheiden dann nur noch, wer auf der Liste steht. Uns ist die bessere Beteiligung der BürgerInnen wichtiger, als der Machterhalt Einzelner Personen in allen Parteien. In der Praxis sollte jedeR maximal drei Stimmen erhalten, wie es bei den Kommunalwahlen bereits üblich ist.