Präambel
Die Vielfalt unserer Partei ist unsere Stärke. Wir teilen politische Macht und verstehen uns als Bündnispartei, die auf der Grundlage gemeinsamer Überzeugungen offen ist für unterschiedliche Erfahrungen, Vorstellungen, Denk- und Handlungsansätze. Wir sind auf vielfältiges biographisches Erfahrungswissen und vielfältige Perspektiven aus der demokratischen Breite der Gesellschaft angewiesen, um als Partei umfassende Antworten auf Fragen zu finden, die uns als gesamte Gesellschaft betreffen.
Wir machen es uns deshalb zur Aufgabe, unsere Strukturen so zu gestalten, dass sie inklusiv und nichtdiskriminierend wirken. Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit wie zum Beispiel in Bezug auf das Geschlecht, die sexuelle Orientierung, die ethnische sowie sozio-ökonomische Herkunft, körperliche und geistige Fähigkeiten, die Religion und die Weltanschauung, Lebensentwürfe, eine Behinderung, eine gesundheitliche Beeinträchtigung oder das Lebensalter, lehnen wir ab und stellen uns gemeinsam dagegen.
Unsere Parteistrukturen und Inhalte müssen transparent, also verständlich und zugänglich sein. Wir machen unsichtbare und ausschließende Strukturen sichtbar und stärken in unserer Partei Räume, in denen Menschen mit Diskriminierungserfahrungen sich in geschütztem Rahmen austauschen, vernetzen und gegenseitig stärken können. Die Repräsentation von gesellschaftlich diskriminierten oder benachteiligten Gruppen sollte mindestens ihrem gesellschaftlichen Anteil auf der jeweiligen Ebene entsprechen.
Eine Partei, die offen und zugänglich für viele unterschiedliche Perspektiven ist, kann mehr Menschen erreichen, ihre Lebensrealitäten abbilden und politische Mehrheiten gewinnen. Vielfalt stärkt also nicht nur das gesellschaftliche Miteinander, sondern auch unsere eigene Handlungsfähigkeit als Partei. Die bewusste Öffnung für vielfältige Zugänge bedeutet damit auch Selbstreflektion. Gerade auf Landesebene liegt die Verantwortung, diesen Prozess zu fördern: Hier bündeln sich die notwendigen Ressourcen und die organisatorische Kapazität, um Vielfalt als Querschnittsaufgabe konsequent zu verankern und zu unterstützen.
Wir erkennen an, dass auch innerhalb unserer Partei Strukturen existieren können, die bestimmte Gruppen ausschließen oder benachteiligen. Daher verpflichten wir uns, unsere eigenen Prozesse und Strukturen regelmäßig zu überprüfen und zu verbessern, um echte Teilhabe für alle zu ermöglichen.
Auch in Sachsen wollen wir die Vielfältigkeit der Menschen sichtbar abbilden. Alle Untergliederungen und Teilorganisationen sowie Gremien und Versammlungen sind dazu angehalten, diese Ziele zu achten und zu stärken - mit dem Ziel Zusammenhalt in Vielfalt.
§ 1 Repräsentation
(1) Wir wollen, dass sich vielfältige Perspektiven in unserer Partei abbilden. Die Repräsentation von gesellschaftlich diskriminierten oder benachteiligten Gruppen mindestens gemäß ihrem gesellschaftlichen Anteil auf der jeweiligen Ebene ist unser Ziel.
(2) Wir streben an, dass die Zusammensetzung unserer Gremien die Vielfalt der Gesellschaft widerspiegelt. Insbesondere sollen Menschen aus marginalisierten Gruppen vertreten sein.
(3) Der Landesvorstand wird alle zwei Jahre eine Evaluierung zur Diversitätsrepräsentation bei Funktionär*innen, Parlamentarier*innen und Angestellten auf Landesebene durchführen. Dabei soll dargestellt werden,inwiefern sich die Vielfalt der Gesellschaft in der Zusammensetzung der Befragten widerspiegelt und welche Erfahrungen mit Diskriminierung es gibt.
(4) Ein Bericht dazu wird alle zwei Jahre auf der Landesversammlung nach vorheriger Diskussion im Landesparteirat und einem Kreisvorständetreffen vorgestellt und diskutiert.
§ 2 Versammlungen
(1) Präsidien sollen möglichst vielfältig besetzt werden. Menschen, die diskriminierten Gruppen angehören, werden bei der Besetzung vorrangig berücksichtigt.
Besonders achten wir dabei auch auf die Repräsentation von Minderheiten, die in Sachsen leben, wie die Sorb*innen.
(2) Bei internen und externen Veranstaltungen wird darauf geachtet, dass die Referent*innen die gesellschaftliche Vielfalt widerspiegeln.
(3) Alle Veranstaltungen des Landesverbands BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Sachsen sind grundsätzlich barrierefrei zu gestalten. Mitglieder des Präsidiums achten auf für alle verständliche Sprache bei der Kommunikation im Präsidium und weisen auch Redner*innen darauf hin, sich um Verständlichkeit zu bemühen. Zudem müssen neben dem physischen Zugang u. a. auch zeitliche, finanzielle und soziale Faktoren berücksichtigt werden. Dabei ist für uns auch der Weg zur und von Veranstaltungen gemeint. Wir informieren über Barrieren auf den Weg vom letzten öffentlichen Verkehrsmittel vor den Veranstalungsorten. Wir Bündnisgrüne stellen sicher, dass alle Parteiveranstaltungen für Menschen, die diskriminierten Gruppen angehören, eine sichere Umgebung darstellen. Näheres regelt der Leitfaden für Barrierefreiheit bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie das Konzept des Landesverbands für die Prävention von und den Umgang mit sexualisierter Gewalt inkl. Awarenessstrukturen für Veranstaltungen.
§ 3 Einstellung von Arbeitnehmer*innen
(1) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Sachsen verpflichtet sich als Arbeitgeber*in dem Vielfaltsstatut und der Stärkung von Menschen, die diskriminierten Gruppen angehören. Bei bezahlten Stellen soll sich auf allen Qualifikationsebenen die gesellschaftliche Vielfalt widerspiegeln.
(2) Dazu sind Stellenausschreibungen so zu gestalten, dass sie den Zielen des Vielfaltsstatuts entsprechen und Menschen, die diskriminierten Gruppen angehören, besonders ansprechen.
(3) In Bereichen, in denen Menschen, die diskriminierten Gruppen angehören, unterrepräsentiert sind, werden diese bei Einstellungen bei gleicher Kompetenz bevorzugt.
(4) Bei der Zusammenarbeit mit Partner*innen und Dienstleister*innen wird darauf geachtet, dass diese diskriminierungsfrei arbeiten. Eine Zusammenarbeit mit Personen oder Organisationen, die den Zielen einer vielfältigen Gesellschaft widersprechen, findet nicht statt.
§ 4 Empowerment und Weiterbildung
(1) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Sachsen schafft Angebote zum Empowerment (Stärkung) von diskriminierten oder in der Partei unterrepräsentierten Gruppen.
(2) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Sachsen schafft Angebote für die diversitätspolitische und diskriminierungskritische Aus- und Weiterbildung. Alle Mandatsträger*innen, Amtsträger*innen und Mitarbeiter*innen der Partei sowie die Sprecher*innen der Kreisverbände sollen einmal in 2 Jahren an einer solchen Maßnahme teilnehmen.
In den Weiterbildungen geht es darum, zu verstehen, warum manche Menschen im Alltag oder in politischen Strukturen benachteiligt werden. Dabei sprechen wir zum Beispiel über Themen wie Diskriminierung wegen Geschlecht oder sexueller Orientierung, der Herkunft, der sozialen Herkunft oder Armut, wegen einer Behinderung, wegen Zugehörigkeit zu bestimmten Gruppen oder Religion. Außerdem schauen wir uns an, wie sich verschiedene Formen von Benachteiligung überschneiden und sich gegenseitig verstärken können.
(3) Der Landesverband stellt in Zusammenarbeit mit der Bundespartei für die in Absatz 1 und 2 genannten Aufgaben Mittel zur Verfügung.
(4) Zentrale Informationen, Partei- und Wahlprogramme sollen zusätzlich in Leichter Sprache sowie auf Sorbisch und in Englisch zugänglich gemacht werden.
(5) Wir etablieren Mentoring-Programme, um insbesondere Menschen aus unterrepräsentierten Gruppen den Einstieg in politische Arbeit zu erleichtern. Zudem bieten wir regelmäßige Schulungen für alle Mitglieder zu Diversity, Antidiskriminierung und inklusiver Sprache an.
(6) Politische Nachwuchsförderung
a). Wir fördern gezielt den politischen Nachwuchs innerhalb der Partei – insbesondere aus Gruppen, die in politischen Strukturen unterrepräsentiert sind. Dazu gehören FLINTA*, Menschen mit Behinderung, Menschen mit Rassismuserfahrungen, armutsbetroffene Menschen, junge Menschen sowie Angehörige von Minderheiten wie Sorb*innen oder der Sinti*zze und Rom*nja.
b). Der Landesverband entwickelt parteiinterne Formate zur Nachwuchsförderung – darunter Mentoring-Angebote, Patenschaften oder niedrigschwellige politische Einstiegstrainings. Diese Formate haben das Ziel, insbesondere Menschen aus unterrepräsentierten Gruppen und solche, die mit strukturellen Barrieren konfrontiert sind, gezielt zu stärken und zu ermutigen, sich politisch zu beteiligen.
c) Neue Mitglieder werden aktiv angesprochen, begleitet und ermutigt, sich politisch einzubringen. Dabei ist auf inklusive Sprache, Barrierefreiheit und eine diskriminierungssensible Ansprache zu achten.
d) Die Nachwuchsförderung soll im Rahmen der Vielfaltspolitik kontinuierlich weiterentwickelt und regelmäßig evaluiert werden. Der Landesvorstand legt hierzu jährlich einen kurzen Bericht vor.
§ 5 Delegation zum Diversitätsrat
(1) Der Landesverband entsendet ein Mitglied des Landesvorstandes und ein Basismitglied in den Diversitätsrat des Bundesverbandes.
(2) Für die Delegation des Landesvorstandes hat der Landesvorstand ein Vorschlagsrecht, eine Bewerbung für die Basisdelegation steht jedem Mitglied von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Sachsen offen. Für jede Delegation sind Ersatzdelegierte zu wählen. Bei der Delegation ist die Repräsentanz der Vielfalt der Gesellschaft zu beachten.
(3) Die Delegation wird alle zwei Jahre, beginnend mit der Basisdelegation, auf einem Landesparteitag gewählt.
(4) Die Delegierten berichten regelmäßig dem Landesvorstand und der Landespartei über die Arbeit des Diversitätsrates.
§ 6 Landesarbeitsgemeinschaften
(1) Zu den für Vielfalt zuständigen Gremien gehören neben dem Landesvorstand auch Landesarbeitsgemeinschaften, die sich vorrangig mit Aspekten von Vielfalt und Diskriminierung auseinandersetzen, die LAG Soziales, die LAG Teilhabe und Inklusion, die LAG Geschlechterpolitik, die LAG Sorbisches Leben, die LAG 55plus, die LAG Migration, Integration, Antidiskriminierung, die LAG Bildung sowie die LAG Christinnen und Christen.
(2) Vielfalt ist gleichzeitig ein Querschnittsthema für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, das von allen Landesarbeitsgemeinschaften bearbeitet werden soll.
(3) Der Landesvorstand kann die Sprecher*innen der oben genannten Landesarbeitsgemeinschaften bei Bedarf zu einer Projektgruppe Vielfalt zusammenrufen.
§ 7 Projektgruppe Vielfalt
(1) Der Landesvorstand soll die Projektgruppe Vielfalt einberufen, um sich bei Weiterentwicklungen von Vielfalts-Maßnahmen oder der Einführung neuer Maßnahmen beraten zu lassen.
(2) Die Projektgruppe Vielfalt hat das Recht, zu allen Anträgen an die Landesversammlung, die die vielfaltspolitischen Grundsätze von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Sachsen betreffen, Stellung zu nehmen.
(3) Die Projektgruppe Vielfalt berät über Angelegenheiten der Diversitätspolitik der Partei zwischen den Landesversammlungen und befasst sich mit Angelegenheiten, die der Landesvorstand an sie delegiert. Die Ergebnisse dieser Beratungen müssen dem Landesparteirat vorgelegt werden.
§ 8 Vielfaltspolitische Sprecher*in
(1) Aus der Mitte des Landesvorstands wird entsprechend der Satzung von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Sachsen ein*e vielfaltspolitische*r Sprecher*in von der Landesversammlung gewählt.
(2) Die/der vielfaltspolitische Sprecher*in hat die Aufgabe, die Vielfaltspolitik im Landesverband in Zusammenarbeit mit der „Projektgruppe Vielfalt“ zu steuern, strategisch weiterzuentwickeln sowie nach innen und außen zu kommunizieren.
§ 9 Vielfaltsreferent*in
(1) In der Landesgeschäftsstelle soll ein vielfaltspolitischer Stellenanteil eingerichtet werden.
(2) Die/der Vielfalts-Referent*in fördert in Zusammenarbeit mit der/dem vielfaltspolitischen Sprecher*in und der Projektgruppe Vielfalt die Sensibilität für die Ziele dieses Statuts, konzipiert im Landesverband die Sensibilität für die Ziele dieses Statuts und konzipiert Maßnahmen, die zur angestrebten gleichberechtigten Teilhabe und der Repräsentanz von diskriminierten Gruppen und Menschen innerhalb von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Sachsen und in der Gesellschaft beitragen, berät und unterstützt alle Gliederungen innerhalb des Landesverbandes aktiv bei der Implementierung von Diversitätsbewusstsein sowie bei der Umsetzung der entwickelten Maßnahmen für mehr gelebte Vielfalt.
(3) Die/der Vielfalts-Referent*in hat Zutritts-, Einsichts- und Mitspracherecht in den Gremien des Landesverbands.
§ 10 Geltung
(1) Das Vielfalts-Statut ist Bestandteil der Satzung des Landesverbandes von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Sachsen. Es tritt am Tag seiner Beschlussfassung in Kraft.
(2) Die Kreisverbände sind aufgefordert, Regelungen in ihre Satzungen aufzunehmen und Maßnahmen zu ergreifen, die zur gesellschaftlichen Vielfalt in ihren Gremien beitragen, soweit die Regelungen dieses Statuts nicht direkt anwendbar sind.